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Sepsisdefinition und -kodierung

Kodierleitfaden Sepsis 3.0

Im Rahmen des Innovationsfonds-geförderten Projektes OPTIMISE wurde festgestellt, dass Sepsis nicht korrekt über ICD-Codes in Abrechnungsdaten abgebildet wird. Insbesondere unterscheiden sich Krankenhäuser deutlich in der Validität der Sepsiskodierung. Hierdurch kommt es zu starken Verzerrungen bei der Berechnung von Qualitätsindikatoren der Sepsisversorgung auf Basis von Abrechnungsdaten. Um diesem Problem zu begegnen, wurde durch eine Expertengruppe des Deutschen Qualitätsbündnisses Sepsis (DQS) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sepsis-Gesellschaft ein umfänglicher Kodierleitfaden für die Sepsis entwickelt, welcher die aktuellen klinischen Definitionen, ICD-Codes, sowie Kodierrichtlinien berücksichtigt. Mehr Informationen zu DQS hier.




„Sepsis-3“ und Kodierung der „Sepsis“ gemäß ICD-10-GM 2020

Die bisher verwendeten Sepsis-Definitionen (Sepsis-1) beruhen auf dem SIRS-Konzept, welche von einer Expertenkommission im Jahr 1992 vorgeschlagen wurde [Bone RC et al. Chest 1992; 101(6):1644–1655]. Die SIRS-Kriterien, die eine Hypo- (<36°C) oder Hyperthermie (>38°C), Tachykardie (>90/min), Tachypnoe (>20/min) sowie eine Leukozytose >12.000/µl oder Leukopenie <4.000/µl und/oder Linksverschiebung >10% beinhalten, wurden jedoch bisher nie systematisch evaluiert. Vielmehr wurden diese Kriterien nach ihrer Einführung in das International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD) und auf dem Hintergrund der fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistiken (DRG) vielfach herangezogen, um Krankenhauserlöse zu optimieren. Die auf Krankenhausentlassungs-Statistiken beruhenden epidemiologischen Analysen, welche bei Vorliegen von zwei SIRS-Kriterien bei V.a. eine Infektion bereits eine „Sepsis“- -Kodierung gestatten,  haben zu einer „Verwässerung“ der realen Sepsishäufigkeit und -sterblichkeit geführt. So konnten Gaieski et al unter Verwendung von administrativen Daten aus den USA, die auf Krankenhausentlassungs-Kodierungen beruhen, zeigen, dass die relative sepsis-assoziierte Krankenhaussterblichkeit in den Jahren 2004-2009 zwar abgenommen hat, aber die absolute Anzahl verstorbener Patienten kontinuierlich angestiegen ist [Gaieski DF et al. Crit Care Med 2013; 41(5):1167-74].

Sepsis-3-Definition
Problemstellung mit den Schlüsselnummern unter R65.- !
Anpassung der Schlüsselnummern unter R65.- ! unter Berücksichtigung der aktuellen Definition der Sepsis an die Fassung der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10-WHO)
Die Abnahme von Blutkulturen und die Diagnostik und Dokumentation von Organdysfunktionen sind elementare Voraussetzungen für die Diagnose einer Sepsis

Blutkulturen

Bei Verdacht auf eine Sepsis sind regelhaft geeignete Materialien für die mikrobiologische Diagnostik (einschließlich Blutkulturen!) zu entnehmen, bevor die antimikrobielle Therapie begonnen wird. Dies darf allerdings zu keiner wesentlichen Verzögerung in Bezug auf den Beginn der antimikrobiellen Therapie führen. Blutkulturen sind in der Regel ohne wesentlichen Zeitverzug zu gewinnen.

Bemerkungen: Geeignete Materialien für die routinemäßige mikrobiologische Blutkultur-Diagnostik umfassen immer mindestens zwei (sowohl aerobe als auch anaerobe) Blutkultur-Sets (bestehend aus mindestens aerober und anaerober Flasche).

Organkomplikationen bzw. -dysfunktionen

Die Organdysfunktion kann gemäß den SOFA-Score-Variablen definiert werden. Ein SOFA Score von > 2 Punkten im Rahmen einer vermuteten Infektion geht mit einer 10%igen Krankenhaussterblichkeit einher. Der schlechteste Parameterwert jedes einzelnen Tages wird in die Wertung eingebracht. Der SOFA-Score berechnet sich hierbei aus der Summe der unten aufgeführten Bewertungspunkte der einzelnen Organsysteme. Die Bewertungspunkte der einzelnen Organsysteme reichen von 0 bis 4. Die Sub-Scores des SOFA-Scores werden wie folgt bestimmt:

Kardiovaskuläres System

Mittlerer arterieller Druck (MAP) und Katecholaminzufuhr bestimmen die Anzahl der Bewertungspunkte. Der niedrigste MAP-Wert bzw. die höchste Katecholamindosierung – verabreicht über mindestens 1 Stunde – der vergangenen 24 Stunden ist Bestandteil des Score. Der MAP errechnet sich wie folgt: MAP = SBD + 2 x (DBD) durch 3 dividiert.

 CAVE: Auch ein systolischer Blutdruck <100 mm Hg,  der eine intravenöse Volumentherapie erforderlich macht, kann hinweisend für ein Organversagen (arterielle Hypotension) sein.

Score Kreislaufsituation
0 MAP > 70 und keine Vasopressoren
1 MAP < 70 und keine Vasopressoren
2 Dopamin <5 µg/kg/min oder Dobutamin (jede Dosis)
3 Dopamin >5 – <15 µg/kg/min oder (Nor)adrenalin <0,1 µg/kg/min
4 Dopamin >15 µg/kg/min oder (Nor)adrenalin >0,1 µg/kg/min

Atmungssystem

Die PaO2/FiO2-Ratio bestimmt diesen Sub-Score. Ist die Blutgasanalyse für den betreffenden Tag nicht verfügbar, kann die Sauerstoffsättigung benutzt werden. Hier wird auf die entsprechende Konversionstabelle für den korrespondierenden PaO2 verwiesen. Im Falle einer Sauerstofftherapie kann die FiO2 über die entsprechende Konversionstabelle berechnet werden.

Score PaO2/FiO2
0 > 400 mmHg (> 53,2 kPa)
1 301–400 mmHg (39,9–53,1 kPa)
2 201–300 mmHg (26,6–39,8 kPa)
3 101–200 mmHg (13,3–26,5 kPa)
4 < 100 mmHg (< 13,3 kPa)

Gerinnungssystem:

Die Thrombozytenzahl bestimmt diesen Sub-Score. Die niedrigste Thrombozytenzahl der vergangenen 24 Stunden ist Bestandteil des Score.

CAVE: ein Abfall der Thrombozyten um >30% innerhalb der letzten 24 Stunden ist ebenfalls indikativ für eine Organdysfunktion. Eine akute Blutung oder immunologische Ursache für die Thrombozytopenie ist auszuschließen.

Score Thrombozytenzahl
0 >150 ´ 103/mm3
1 100-149 ´103/mm3
2 50–99 ´103/mm3
3 20–49 ´103/mm3
4 <20 ´103/mm3

Niere:

Das Serum-Kreatinin und die Urinausscheidung bestimmen diesen Sub-Score. Der schlechteste Wert ist Bestandteil des Score.

Score Serum-Kreatinin und Urinausscheidung
0 <1,2 mg/dl (<110 µmol/l)
1 1,2–1,9 mg/dl (110 –170 µmol/l)
2 2,0–3,4 mg/dl (171– 299 µmol/l)
3 3,5–4,9 mg/dl (300–440 µmol/l) oder Harnausscheidung <500 ml/24h
4 >5,0 mg/dl (> 441 µmol/l) oder Harnausscheidung <200 ml/24h

Leber:

Das Gesamtbilirubin bestimmt diesen Wert. Der schlechteste Wert ist Bestandteil des Score.

Score Gesamt-Bilirubin
0 <1,2 mg/dl (< 20 µmol/l)
1 1,2–1,9 mg/dl (20–32 µmol/l)
2 2,0–5,9 mg/dl (33–101 µmol/l)
3 6,0–11,9 mg/dl (102­–204 µmol/l)
4 >12 mg/dl (>205 µmol/l)

Zentrales Nerven System (ZNS):

Das ZNS wird durch die Glasgow Coma Scale (GCS) beurteilt. Ist der Patient sediert, so beruht die Beurteilung der Vigilanz auf der Annahme der Untersuchers, der Patient sei nicht sediert. Neben diesem geschätzten GCS wird aber auch der tatsächlich zu erhebende GCS dokumentiert. Der schlechteste geschätzte und schlechteste tatsächliche GCS ist Bestandteil des Score.

CAVE: auch ohne Erhebung des GCS kann jede neu aufgetretene Verwirrtheit ebenfalls als indikativ für eine Organdysfunktion des ZNS gewertet werden! 

Score Glasgow-Coma-Scale
0 15
1 13–14
2 10–12
3 6–9
4 < 5

Glasgow-Coma-Scale

Die Glasgow-Coma-Scale ist ein Scoring-System zur neurologischen Beurteilung, das sich aus drei Einzel-Bewertungen zusammensetzt, die dann summiert werden.

  Score   Score   Score

Augen öffnen

spontan

Auf Aufforderung

Auf Schmerzreiz

Kein

4

3

2

1

Beste motorische Reaktion

Auf Aufforderung

Auf Schmerzreiz

Gezielt

Normale Beugeabwehr

Beugesynergismen

Strecksynergismen

Keine

6

5

4

3

2

1

Beste verbale Reaktion

Konversationsfähig

orientiert

desorientiert

Inadäquate Äußerung

Unverständliche Laute

Keine

5

4

3

2

1

Quelle: Vincent JL, Moreno R, Takala J, et al. The SOFA (Sepsis-related Organ Failure Assessment) score to describe organ dysfunction/failure. Intensive Care Med 1996;22(7):707–710.

Konversionstabellen

PaO2/FiO2 Ratio

Die folgende Konversionstabelle kann benutzt werden, wenn Blutgasanalysen zur Bestimmung der PaO2/FiO2 nicht verfügbar sind:

O2 Sättigung Konversionstabelle
SO2( %) Kalkulierter PaO2 (mmHg)
80 44
81 45
82 46
83 47
84 49
85 50
86 52
87 53
88 55
89 57
90 60
91 62
92 65
93 69
94 73
95 79
96 86
97 96
98 112
99 145

FiO2 bei Sauerstofftherapie

Die folgende Konversionstabelle kann benutzt werden, um den FiO2 zu berechnen:

Methode O2-Flow (l/min) Geschätzte FiO2 ( %)
Nasensonde, Nasenbrille

1

2

3

4

5

6

24

28

32

36

40

44

Nasopharyngealer Katheter

4

5

6

40

50

60

Gesichtsmaske

5

6–7

7–8

40

50

60

Gesichtsmaske mit Reservoir

6

7

8

9

10

60

70

80

90

95

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